Gilt der Zauber der Schönheit auch bei der Jobbewerbung?

Gilt der Zauber der Schönheit auch bei der Jobbewerbung?

Gutes Aussehen bei der Jobbewerbung – Führt das zum Job oder nur zu Vorurteilen?

Die Wissenschaft hat es vielfach bewiesen: Attraktive Menschen kommen leichter durchs Leben. Sie finden nicht nur einfacher einen Partner, sondern ihnen werden auch ganz unbewusst positive Eigenschaften zugeschrieben.

Schon bei Babys spielt Attraktivität eine Rolle

Die amerikanische Attraktivitätsforscherin und Psychologin Rita Freedmann hat herausgefunden, dass die Benachteiligung weniger attraktiver Menschen bereits unmittelbar nach der Geburt beginnt. Mütter reagierten stärker und häufiger auf ihre Neugeborenen, wenn diese hübsch sind. Die hübschen Babys wurden häufiger liebkost und geküsst. Sie erhalten also bereits kurz nach der Geburt mehr Zuwendung, was ihr Wohlbefinden deutlich steigert. Dieses Phänomen funktioniert aber in beide Richtungen. Denn es wurde festgestellt, dass auch schon Babys hübsche Gesichter lieber anschauen als hässliche. Und dies ist unabhängig davon, wie attraktiv die eigene Mutter ist.

Schönheit liegt nicht nur im Auge des Betrachters

Doch sagen wir nicht „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“? Entgegen dieser Volksweisheit besteht sehr wohl gesellschaftlicher Konsens darüber, welche körperlichen Merkmale als attraktiv gelten, wie der Psychologe Martin Gründl von der Universität Regensburg bestätigt. Bei Frauen z.B. gelten seinen Forschungen zufolge lange Beine, ein mindestens mittelgroßer Busen sowie eine schmale Taille als attraktiv. Dabei spielen auch die richtigen Proportionen eine wichtige Rolle. Volle Lippen, große Augen, eine zierliche Nase und eine hohe Stirnpartie gelten als wichtige Schönheitsmerkmale für Frauen.

Von äußeren Attributen wird auf Persönlichkeitsmerkmale geschlossen

Menschen schließen ganz unbewusst und automatisch von den äußeren Attributen auf Charaktereigenschaften, wie Experimente gezeigt haben. Schöne Menschen profitieren davon, denn sie werden im ersten Moment für sozial kompetenter, erfolgreicher, intelligenter, sympathischer, selbstsicherer, kreativer, geselliger, fleißiger, zufriedener und leidenschaftlicher gehalten. Freedmann kommt aufgrund ihrer Forschungen zu dem Schluss, dass sich dieser „Zauber der Schönheit“ durch das ganze Leben zieht. Es fängt direkt nach der Geburt an und führt bereits im Kindergarten dazu, dass Kindergartenkinder beim Spiel vor allem attraktive Spielkameraden bevorzugen, denn sie halten sie für klüger, freundlicher und selbstständiger.

Bewerbungsfotos spielen eine große Rolle bei der Jobbewerbung

Attraktive Schüler bekommen mehr Aufmerksamkeit von ihren Lehrern und werden bei gleichen Leistungen besser bewertet, als weniger attraktive Schüler. Und dies setzt sich auch im Erwachsenenleben im Job fort. Denn dort haben die Attraktiven ganz eindeutig Vorteile. „Wenn behauptet wird, dass die Bilder bei Bewerbungsunterlagen keine Rolle spielen, halte ich das für eine Lüge“, sagt Jutta Boenig, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung. Im Vorstellungsgespräch, betont sie, seien dennoch vor allem das Auftreten eines Bewerbers, seine Körpersprache und Ausstrahlung entscheidend. In manchen Fällen kann gutes Aussehen bei der Jobbewerbung sogar schaden. Das legt eine Studie von Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität München nahe. In mehreren Studienreihen kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass körperliche Attraktivität sich zu einem Nachteil für Bewerber entwickeln kann, wenn sie dem gleichen Geschlecht angehören wie der Personaler. Die Studie wurde so durchgeführt, dass die Bewerbungsunterlagen gleichblieben, und nur das Geschlecht und die Attraktivität variiert wurden.

Attraktive Bewerber teilweise benachteiligt

Es stellte sich heraus, dass männliche Personaler attraktive Bewerberinnen bevorzugten, aber weibliche Personaler attraktiven Bewerberinnen keine Vorteile gewährten, sondern sie mitunter sogar benachteiligten. In 50 Prozent der Fälle entschieden sich Männer für die attraktivsten Bewerberinnen. Diese wurden von weiblichen Personalern aber nur in ca. 12 Prozent aller Fälle ausgewählt. Dieser Effekt bei den weiblichen Personalern verstärkte sich umso mehr, je unattraktiver die weiblichen Personaler selbst waren. Der gleiche Effekt ergab sich bei durchschnittlich attraktiven männlichen Personalern. Die Beurteilung der überdurchschnittlich attraktiven männlichen Bewerber fiel schlechter aus als die der ebenfalls durchschnittlichen Bewerber. Waren die Personaler überdurchschnittlich attraktiv, spielte die Attraktivität der Bewerber keine merkliche Rolle. Das bedenkliche Fazit der Wissenschaftler: „Obwohl physische Attraktivität wenig mit der Beurteilung von Bewerbern zu tun haben sollte, fanden wir heraus, dass der Grad ihrer physischen Attraktivität ihre Beurteilung durchaus beeinflusst. Die Teilnehmer der Studie bevorteilten überdurchschnittlich attraktive Bewerber des anderen Geschlechts und diskriminierten überdurchschnittlich attraktive Bewerber ihres eigenen Geschlechts.“

Fazit

Ob attraktiv oder nicht – wie sich das bei der Jobbewerbung auswirkt, hängt allein davon ab, wer einem gegenübersitzt. Personaler, egal ob männlich oder weiblich, wählen gern Bewerber des gleichen Geschlechts, die einen ähnlichen Grad an Attraktivität aufweisen, d.h. die in der gleichen Liga spielen wie sie. Hat der Personaler ein anderes Geschlecht als der Bewerber, werden durchaus attraktive Bewerber bevorzugt. In manchen Ländern gibt es schon eine Lösung dafür: Das anonyme Bewerbungsverfahren. Man bewirbt sich ohne Foto, Alters- und Geschlechtsangabe. So können sich Personaler – zumindest beim Lesen der Bewerbungsunterlagen – rein auf die Fakten und die Qualifikation der Bewerber konzentrieren.